Zur selbständigen Bewegungsentwicklung gehört auch das selbständige Laufen lernen. Aber wenn ich mich so umschaue ist dies genau der Entwicklungsschritt, in den am häufigsten eingegriffen wird. Sehr oft sehe ich Kleinkinder, die an den Händen durch den Raum geführt werden. Warum wird das eigentlich so oft gemacht? Es ist doch total unbequem und anstrengend meiner Meinung nach. Außerdem hat es mit einer selbständigen Bewegungsentwicklung nichts mehr zu tun. Das Aufstehen und die ersten Schritte sind ein riesiger Meilenstein in der Entwicklung eines Kindes. Ein riesiger Schritt in Richtung Selbständigkeit. Außerdem steht dieser Entwicklungsschritt ganz oben auf der „Ich bin stolz auf mich, weil ich das allein geschafft habe“ Liste. Wenn ein Kind diesen beeindruckenden Entwicklungsschritt allein meistert, dann steigt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten unbeschreiblich an und das Kind erfährt sich mit jeder Faser seines Körpers als selbstwirksam. Lernt ein Kind laufen, erfährt es plötzlich das aus dieser Position alles ganz anders aussieht. Gleichzeitig lernt es, dass es jetzt auch sehr gut Dinge von A nach B transportieren kann. Was für ein wahnsinniges Gefühl muss es für ein Kind sein, das Aufrichten und danach das Laufen gelernt zu haben.
Wann lernt ein Kind laufen?
Ein Kind lernt Laufen, wenn es so weit ist und sich körperlich, sowie geistig dazu in der Lage fühlt. Es braucht dafür eine große Portion Geduld und eine hohe Frustrationstoleranz. Denn bis das Laufen zu einem flüssigen Bewegungsablauf wird und ohne groß nachzudenken funktioniert, ist einiges an Übung nötig. Dabei passieren natürlich auch einige Fehlversuche mit so mancher Landung auf dem Po. Je mehr das Kind übt, desto weniger Bruchlandungen passieren und desto schneller klappt das Laufen lernen. Wie in Teil 1 dieses Blogartikels bereits erwähnt, haben sich in den Köpfen der meisten Erwachsenen feste Altersangaben darüber verankert, wann ein Kind was können muss. Beim Laufen ist das ein ganz fixes Datum an dem von vielen Eltern erwartet wird, jetzt muss mein Kind laufen können, nämlich der erste Geburtstag. Aber auch hier gilt, das Kind entwickelt sich in seinem eigenen Tempo. Der Durchschnitt besagt, dass Kinder um den 13. Monat herum mit dem selbständigen freien Gehen beginnen. Manche laufen aber auch schon mit 9 Monaten oder auch erst mit 16 Monaten. Das ist aber alles ein normales Tempo und keins worüber man sich Sorgen machen muss und deswegen Hilfestellungen gibt. Jedes gesunde Kind lernt früher oder später laufen. Auch oder vor allem dann, wenn ihm keiner seine „helfenden“ Hände reicht.
Vom Aufstehen bis zum selbständigen Laufen
Laufen lernen ist eigentlich in mehrere Teilschritte eingeteilt. Wenn das Kind bereit dazu ist und genügend Körpererfahrungen gesammelt, sowie die nötige Muskulatur aufgebaut hat, beginnt es damit, sich an Gegenständen oder an unseren Beinen hoch zu ziehen. Gelingt dies dem Kind, wird es dieses motorische Meisterwerk, nämlich seinen eigenen Körper aufzurichten, immer und immer wieder wiederholen bis es „perfekt“ funktioniert. Danach beginnen die ersten Schritte an Gegenständen entlang. Oft zeitgleich, auch wenn am Anfang meist eher zufällig, steht das Kind frei. Ich konnte bei meinen Kindern beobachten, dass sie oft abgelenkt waren mit Gegenständen in ihren Händen und sie deswegen gar nicht so richtig bemerkt haben das sie frei stehen 😊 Es übt und wiederholt alle Teilschritte so lange, bis diese richtig „sitzen“ und es sich selbst zutraut, im wahrsten Sinne des Wortes die nächsten Schritte zu gehen. Ins Detail und hochkonzentriert wird das Aufstehen und wieder hinsetzten, das entlang Gehen an Gegenständen, das freie Stehen geübt und trainiert mit viel Durchhaltevermögen und sehr ausdauernd. Dann plötzlich passiert es: das Kind überwindet den Abstand von einem Gegenstand zum nächsten, und macht seine ersten Schritte, anfangs nur ganz wenige. Es schaut sich genau an wie weit ist es bis zum nächsten „sicheren Anker“ ist, und kann sich und seine Fähigkeiten sehr gut selbst einschätzen. Klappen die ersten Versuche, werden es nach und nach mehr Schritte von einem Gegenstand zum nächsten, bis es völlig selbständig läuft. Dieser Ablauf passiert, wie beschrieben, völlig alleine aus dem Kind heraus, ohne das es dazu Eingriffe von außen benötigt – auch helfende „Hände“ braucht ein Kind, das gerade dabei ist einen Meilenstein in seiner motorischen Entwicklung zu erbringen, nicht. Trotzdem kann man als Eltern sein Kind beim selbständigen Laufen lernen unterstützen, indem man ein paar Sachen beachtet. Wie das aussehen kann, habe ich im Folgenden kurz zusammengefasst.
Worauf ist beim selbständigen Laufen lernen zu Achten:
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Nicht in das selbständige Laufen lernen eingreifen
natürlich lautet auch beim Laufen lernen das Motto der selbständigen Bewegungsentwicklung: Das Kind nicht in Positionen bringen, die es nicht von sich aus einnimmt. Darunter fällt auch, das Kind an den Händen zu führen, obwohl es nicht von sich aus frei läuft. Wenn man ein Kind an den Händen führt macht es das in der Regel zwar gerne mit, da es sich freut plötzlich auch aufrecht und gemeinsam mit einem Erwachsenen vorwärts kommen zu können, denn es macht Spaß und es kommt so schnell von A nach B. Das ist auch der Grund dafür, dass wenn man dies einmal angefangen hat, das Kind das auch immer wieder einfordert. Aus meiner Erfahrung weiß ich, das Kinder die es nicht kennengelernt haben, an den Händen durch die Gegend geführt zu werden, dies nicht von sich aus einfordern. Aber hat das Kind erstmal erfahren, dass man sich ja an den Händen der Erwachsenen sehr gut vorwärts bewegen kann, findet es sehr schnell Gefallen daran und möchte dies dann natürlich immer wieder machen. Das ist dann der Punkt wo man als Erwachsener relativ schnell denkt, das Kind wollte es von sich aus. Wichtig ist zu sagen, dass man durch das Führen an den Händen, in den natürlichen Vorgang des Laufen lernens eingreift und das Kind dadurch wichtige Erfahrungen überspringt. Es ist motorisch noch nicht so weit und auch seine Muskulatur ist häufig noch nicht so aufgebaut, dass es den Rücken stabil aufrecht halten kann. Neben dem körperlichen Aspekt, ist auch die „Message“ die das Kind dadurch für sich abspeichert, eine völlig andere als wenn es sich selbständig das Laufen beibringen kann. Wird das Kind an den Händen geführt, lernt es, mit der Hilfe von z.B. Mama und Papa kann ich durch den Raum laufen. Es verlässt sich auf die Unterstützung und ist deswegen, während es die Schritte geht, nicht aktiv sondern passiv am Laufen beteiligt. Lernt es komplett selbständig zu Laufen ohne die Hilfe der starken Arme die von oben kommen, erfährt es was alles in ihm steckt, zu welchen großen „Schritten“ es in der Lage ist. Es erfährt sich als aktiver Akteur seiner Entwicklung und erfährt sich in hohem Maße als selbstwirksam. Das Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten wächst und es ist gestärkt, immer weitere „Herausforderungen“ anzugehen.
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Gegenstände sichern und bereit „Stellen“
Wie schon erwähnt, nimmt ein Kind alle Gegenstände, die es findet, um sich daran hoch zu ziehen und um daran entlang zu gehen. Deswegen ist es wichtig, Kommoden usw. zu sichern, damit sie nicht umfallen können. Am besten ist es, sie an der Wand zu befestigen. Ich habe auch meinen Kindern, sobald ich beobachtet habe, dass sie gerade sehr daran interessiert sind, sich an Dingen hoch zu ziehen und daran entlang zu gehen, bewusst einen sicheren Hocker usw. im Raum verteilt, bereitgestellt.
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Frustration des Kindes aushalten
Als Eltern ist es oft schwierig seinem Kind dabei zuzuschauen wie es sich „abmüht“ und deswegen hat man das Gefühl eingreifen und ihm helfen zu müssen in dem man z.B. seine Hände nimmt und es hochzieht. Da ist es hilfreich, sich bewusst zu machen, dass es nichts Schlimmes ist, wenn das Kind mal kurzeitig frustriert ist. Wie heißt es so schön, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Es ist Hochleistung für ein Kind das Laufen zu erlernen. Natürlich kann es da hin und wieder zu Frustration kommen. Das ist völlig normal und sorgt auf keinen Fall dafür, dass das Kind denkt „ach habs versucht, klappt nicht, bleib ich mal bis ich in die Schule kommen beim Krabbeln“. Im Gegenteil – nach jeder Frustration wird es von vorne beginnen und am Ende dann um so mehr damit belohnt, das es trotz aller Schwierigkeiten das Laufen gelernt hat.
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Durch Ermunterungen und Aufforderungen nicht überfordern
Ich kann nur aus meiner Erfahrung sprechen, aber denke es geht vielen Eltern so wie mir, wenn ich sage, dass dieser Punkt leichter gesagt als getan ist. Es ist wirklich verlockend, sein Kind das gerade seine ersten Gehversuche wagt, regelrecht anzufeuern 😉. Auch ich habe mich schon dabei erwischt, wie ich die Arme in Richtung meines Sohnes ausgestreckt habe und mir ein… ja komm…Lauf zur Mama über meine Lippen gehuscht ist. Wichtig zu verstehen an diesem Punkt ist, wir bringen das Kind in eine ungute Situation denn Kinder wollen der Mama „gefallen“ und sind dann hin und her gerissen zwischen eigentlich traue ich mich noch nicht und meine Mama hätte es so gerne. Dadurch kommt es schnell zu einer Überforderung. Sie missachten dann ihr eignes Bedürfnisse nach innerer Sicherheit, laufen dann plötzlich los und fallen dann meist natürlich hin, da sie motorisch noch nicht so weit sind. Es ist für mich immer hilfreich, wenn ich wieder kurz davor stehe, das mir etwas über meine Lippen huscht mir vor Augen zu führen, dass Kinder um laufen zu lernen keine Ermunterung brauchen. Da sie von sich aus hoch motiviert sind ihre motorische Entwicklung voran zu bringen und sich in ihrem Tempo eigenständig „Schritt für Schritt“ neue motorische Fertigkeiten anzueignen.
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Barfuß ist der schönste Schuh
Barfuß zu sein ist eines der tollsten Sachen für ein Kind das gerade dabei ist laufen zu lernen. Es nimmt den Untergrund besser wahr und hat natürlich auch einen sicheren und festen Stand. Barfuß gehen kräftigt die Fuß- und Wadenmuskulatur und fördert den Gleichgewichtssinn. Oft hat man die Sorge, dass sein Kind sich durch das Barfußlaufen unterkühlt und sich dadurch eine Erkältung einfängt. Aber es ist erwiesen, dass sich das Barfußlaufen sogar positiv auf das Immunsystem des Kindes auswirkt. Wenn die Füße des Kindes sich kalt anfühlen, heißt es nicht automatisch, dass deinem Kind kalt sein muss. Das kennt man auch von den Händen so. Am besten ist es im Nacken oder zwischen den Schulterblättern zu fühlen, ob deinem Kind zu kalt ist. Sollte dies der Falls sein, eignen sich hervorragend Anti Rutsch Socken. Wenn dein Kind laufen gelernt hat kommt man zum Schutz und vor allem je nach Jahreszeit natürlich nicht um Schuhe herum. Beim Kauf vom Kinderschuh lohnt es sich sehr darauf zu achten, dass die Sohle weich, dünn und sehr flexibel ist. Nur so ist gewährleistet, die Haltung nicht negativ zu beeinflussen. Damit die Zehen genügend Bewegungsfreiheit haben, ist es sehr sinnvoll, dass der Kinderschuh vorne relativ breit geschnitten ist. Mir fällt es immer sehr schwer, zu beurteilen ob der Schuh meinen Kindern richtig passt oder nicht. Gerade ganz kleine Kinder können sich nicht wirklich dazu äußern. Da ist dieses Messgerät eine tolle Möglichkeit, die passende Größe zu bestimmen: Clevermess für Kids
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Viel Bewegungserfahrungen ermöglichen
Ein Kind kann das Laufen nur dann üben, wenn es auch genügend Zeit dafür hat, seinem Bewegungsdrang nachzugehen. Das bedeutet, das auch immer genug Zeit eingeplant wird, in dem das Kind ganz in seinem Tempo neue Bewegungserfahrungen machen kann und das Kind nicht die meiste Zeit des Tages auf dem Arm oder im Kinderwagen usw. ist.
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Von Lauflernhilfen absehen
Lauflernhilfen: Lauflernwagen, Gehfrei, Türhoppser und Co. Lauflernhilfen für Babys gibt es in verschiedenen Ausführungen. Eltern können verschiedenste Sachen kaufen, die ANGEBLICH die motorische Entwicklung der Kleinen unterstützen. Sicherlich eines der bekanntesten Lauflernhilfen ist das „Gehfrei“. Die Spielzeug Industrie will uns weiß machen, das Kinder solche Lernhilfen brauchen und durch die strahlenden Kinder auf der Verpackung, wird der Anschein erweckt, man mache ihnen eine große Freude wenn man ihnen so ein „Ding“ kauft.
Warum sind Lauflernhilfen schädlich für die Bewegungsentwicklung?
Wenn wir an die selbständige Bewegungsentwicklung und deren Vorteile für das Kind denken, ist es eigentlich selbsterklärend, das es einen Eingriff in die eigenständige, motorische Entwicklung darstellt, wenn man Kindern Lauflernhilfen anbietet. Aber es gibt noch weitere Gründe, die gegen einen Kauf solcher Gerätschaften spricht. Schon seit den 70er Jahren raten Kinderärzte und Orthopäden von der Verwendung solcher Lauflernhilfen, insbesondere dem Gehfrei, ab. Auch Stiftung Warentest äußert ihr Bedenken bezüglich der Verwendung von solchen Helferlein. Sie seien völlig überflüssig und gefährlich.“ Nicht selten kommt es durch die Lauflernhilfen zu Unfällen, da Kinder z.B. in einem Gehfrei eine hohe Geschwindigkeit aufnehmen und so gegen Gegenstände oder von Stufen stürzen. Auf Grund der hohen Zahl der Unfälle, die auf Lauflernhilfen zurück zu führen sind, sind Gehfrei-Produkte in Kanada seit 2004 verboten. In einem Gehfrei und auch in einem Türhopser kommt es nicht nur zu Unfällen, sondern durch ausdauernden Gebrauch und die Position, die die Kinder in diesen Lernhilfen einnehmen, zu Haltungsschäden wie z.B. der Spitzfußstellung der Füße, zu der es bei meinem Neffen aufgrund der ausgiebigen Nutzung des Türhopsers gekommen ist. Das war vor 30 Jahren und alle wollten nur sein Bestes. Er hatte sehr viel Freude in dem Hopser und durfte deswegen viel Zeit darin verbringen. Zum Glück wissen heute sehr viele Eltern schon Bescheid über die Folgen der vermeintlichen Lauflernhilfen. Aber eben noch immer nicht alle und deswegen führe ich es in diesem Eintrag nochmal so ausführlich auf.
Wie sieht es denn mit einem Lauflernwagen aus?
Beim sogenannten Lauflernwagen handelt es sich um ein Gerät an denen sich Kinder festhalten und diese vor sich hinschieben können. Der Name ist total irreführend, denn zum Laufen lernen sollten diese Wagen dem Kind nicht angeboten werden. Denn Kinder, die noch nicht richtig laufen können eignen sich beim Benutzen eine völlig falsche Haltung an. Sie strecken ihre Hände nach vorne, sind oft sogar gebückt und müssen ihr Gleichgewicht ganz anders verlagern als beim selbständigen Laufen. Auch das kann zu Haltungsschäden führen. Kann das Kind sicher selbstständig laufen, kann so ein Wagen super für das kindliche Spiel genutzt werden. Kinder lieben es Gegenstände in dem Wagen hin und her zu transportieren.
Abschließend lässt sich sagen: Um dem Kind eine selbständige Bewegungsentwicklung und das selbständige Lernern des Laufens zu ermöglichen, sollte auf Eingriffe von außen verzichtet werden. Kinder müssen nicht an den Händen entlang geführt werden, um das Laufen zu lernen. Lässt man ihnen die Zeit und beachtet die Punkte, die oben aufgeführt sind, wird das Kind selbstwirksam, selbständig und in seinem Tempo das Laufen lernen. Um dann mit einem sicheren Bewegungsablauf mit großen Schritten die Welt zu erobern. Lauflernhilfen haben keinen positiven Effekt im Sinne von „mein Kind lernt damit schneller sich fortzubewegen.“ Jegliche Art von Lauflernhilfen können zu Unfällen oder Haltungsschäden führen, da macht aber die Dosis das Gift. Möchte man seinem Kind jedoch eine selbständige Bewegungsentwicklung ermöglichen, sollte das Kind wenn möglich nie mit solchen vermeintlichen Lernhilfen in Berührung kommen.